25. April 2024
Es ist eine Tafel mit Worten in weißer Schrift zu sehen. Zum Beispiel Working Out Loud, WOL-Circle, agiles Lernen usw.

„Working Out Loud“ – Eine qualitative Analyse der Teilnahme am 12-Wochen-Programm

KURZFASSUNG: Bei dem Programm „Working Out Loud“ handelt es sich um ein strukturiertes informelles Lernsetting, dass durch ein hohes Maß an Selbstbestimmtheit, was den zeitlichen und inhaltlichen Aufwand anbelangt, geprägt ist. Teilnehmende qualifizieren sich dabei durch ein selbstgewähltes (Lern-)Ziel und damit verbundene zielgerichteter Beziehungsaufbau weiter. Allgemein gewinnen Selbstlernprogramme zunehmend an Beliebtheit und dienen als Weiterbildungsergänzung. Trotz dieses Trends gibt es jedoch kaum Forschungsergebnisse hinsichtlich der Teilnahmegründe, des Nutzens oder auch der Erwartungen die damit einhergehen.

Für die vorliegende Masterarbeit wurde als theoretischer Ausgangspunkt die Selbstbestimmungstheorie nach Deci und Ryan (1993, 2020) herangezogen. Auf Basis der Selbstbestimmungstheorie konnten neben einer Ausdifferenzierung der drei psychologischen Grundbedürfnisse (Ryan & Deci, 2020, S. 1) im Kontext des Teilnahmenutzens, zusätzliche Erkenntnisse über die motivationsförderlichen Rahmenbedingungen vom 12-Wochen-Programm „Working Out Loud“, sowie die damit verbundene Community gewonnen werden.
Lebenslanges Lernen wird heute als großer Hebel für eine steigende wirtschaftliche Performance, für die Entwicklung sozialen Zusammenhalts und für eine aktive Bürgerbeteiligung gesehen (Boeren et al., 2012; Gorges, 2015). Voraussetzung dafür ist, dass Personen auch bereit sind sich weiterzubilden. Um dies zu gewährleisten, müssen attraktive Angebote geschaffen werden.

Steppers (2020) Programm „Working Out Loud“ ist aus dieser Perspektive betrachtet, interessant. Es hat sich seit dem Jahr 2015 wie ein Lauffeuer im deutschsprachigen Raum verbreitet und erfreut sich auch innerhalb großer Unternehmen zunehmender Beliebtheit (Warkentin, 2019, August 5). Trotz des Erfolgs findet das Selbstlernprogramm bislang kaum Aufmerksamkeit in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung und das, obwohl der Ruf nach bedarfsorientiertem Lernen speziell in Organisationen seit vielen Jahren lauter wird (Graf et al., 2017; Kühn, 1973; Reinmann-Rothmaier & Mandl, 1995). „Working Out Loud“ ist dabei nicht das einzige Konzept, dass die individuelle (Lern-)Zielsetzung aufgreift. Es gibt vermehrt Konzepte, Methoden und Programme die den Lernenden in seiner (Lern-)Zielerreichung unterstützen sollen, ohne dabei ein eigenes Curriculum zu verfolgen. Ein Beispiel hierfür ist das agile Sprintlernen, dass auch von Jungclaus und Schaper (2021) auf seine Wirksamkeit untersucht wurde.

Das Konzept von „Working Out Loud“
Das Programm baut auf einem simplen Konzept auf. Drei bis fünf Personen treffen sich, zumeist digital, über zwölf Wochen, einmal pro Woche für eine Stunde und gehen dabei Übungen der wöchentlich zu Verfügung gestellten ‚Circle-Guides‘ durch. Dabei verfolgen die Teilnehmenden jeweils ein individuelles (Lern-)Ziel dem sie sich über gezielte Vernetzung und Austausch innerhalb der Peer-Gruppe, annähern.

STAND DER FORSCHUNG

Der aktuelle Stand der Forschung beschränkt sich stark auf den Bereich der beruflichen Weiterbildungsforschung. Zumeist werden hier formale und non-formale Bildungssettings in den Blick genommen und vor allem aus einer ökonomischen/ humankapitalistischen Perspektive betrachtet (Gorges, 2015; Gorges & Kuper, 2015). Die persönliche Bedeutung von Bildung sowie die Teilnahme an informellen Lernsettings blieb bislang außen vor. Zudem bleibt auch das Lernsetting bei der Frage nach dem Nutzen für die Teilnehmenden zumeist unbeachtet. Gerade im Kontext von „Working Out Loud“ spielt das jedoch eine bedeutsame Rolle, denn der Nutzen zeigt sich vorwiegend über die Bedürfnisbefriedigung der drei psychologischen Grundbedürfnisse wie sie Ryan und Deci (2020) definiert haben.
[ERGÄNZUNG]

Weiterbildungsmotive

Boeren et al. (2012) haben in einer großen Studie über zwölf europäische Län-der erhoben, warum Erwachsene lernen, und daraus eine Typologie abgeleitet. In ihrem Abstract halten die Autoren und Autorinnen Folgendes fest: „Analysis shows consistent patterns comparable to welfare state typologies. Further exploration demonstrates that motives to participate in adult education courses can be interpreted in relation to the labour market, education and social policy in the country of participation“ (Boeren et al., 2012, S. 247).

Die von Schmid (2008) und Beicht et al. (2004) erhobenen Motive im Zuge der Weiterbildungsforschung über deren Nutzen, lassen sich in die von Carré erstellte Matrix einordnen. So schreibt Schmid (2008, S. 94), dass für eine WIFI-Kursteilnahme vor allem das inhaltliche und thematische Interesse, die Freude am Lernen sowie die Qualifikationsanpassungsmotive und der Wunsch in einem breiteren beruflichen Einsatzbereich agieren zu können im Vordergrund stehen. Bereits die beiden erstgenannten Motive passen zu den von Carré intrinsisch zugeordneten epistemischen bzw. sozio-emotionalen Motiven. Eine Erkenntnis bei Schmids Erhebung, die sich auch in den Daten dieser Arbeit widerspiegelt, ist, dass Motive wie Aufstieg- und Einkommensverbesserung- sowie Arbeitsplatzsicherung eine zweitrangige Rolle spielen (Schmid, 2008, S. 94). Ähnlich sehen die von Beicht et al. (2004) erhobenen Daten zum Nutzen der beruflichen Weiterbildung aus. Sie stellen fest, dass neben den bedeutsamsten Zielen der persönlichen Weiterentwicklung, der Verbesserung der beruflichen Leistungsfähigkeit sowie die Anpassung an neue Tätigkeitsanforderungen auch für dreißig Prozent der Befragten mehr Sicherheit vor Arbeitsplatzverlust ein relevantes Thema ist (Beicht et al., 2004, S. 6).

Weiterbildungsnutzen

In diesem Abschnitt soll kurz dargestellt werden, welchen Nutzen Individuen aus der Weiterbildung ziehen. Der individuelle Nutzen lässt sich besonders gut im Kontext persönlicher Zielsetzung herausfinden. Deshalb haben Beicht et al. (2004)Studienteilnehmende auf einer Skala von eins bis vier bewerten lassen wie wichtig ihnen, die in der Studie bereits vordefinierten Ziele waren. Eines der wichtigsten Ziele war die ‚persönliche Weiterentwicklung‘ gefolgt von der ‚Verbesserung der beruflichen Leistungsfähigkeit‘ sowie der ‚Anpassung an neue Tätigkeitsanforderungen‘. Ebenfalls sehr hoch bewertet, waren die Ziele ‚sich einen Überblick über neue berufliche Entwicklungen verschaffen‘ und die ‚Sicherheit vor Arbeitsplatzverlust‘ mit rund dreißig Prozent. Ein Viertel der Befragten versprach sich eine ‚interessantere oder anspruchsvollere Tätigkeit ‘ oder das ‚Knüpfen von beruflichen oder sozialen Kontakten‘. Sehr selten wurden die Ziele ‚Verbesserung der Aufstiegschancen‘ oder ‚Aussicht auf einen höheren Verdienst‘ genannt (Beicht et al., 2004, S. 6–7). Manche Ziele stehen jedoch trotz unterschiedlicher Bewertung in engem Zusammenhang, so Beicht et al. (2004). Auch wenn die Chance auf einen beruflichen Aufstieg weniger wichtig erscheint, so ist dieses Ziel häufig mit einer interessanteren und anspruchsvolleren Tätigkeit verbunden.

Aus dem Artikel von Beicht et al. (2004) geht in weiterer Folge hervor, dass zwischen der Bedeutung der einzelnen Weiterbildungsziele und dem Weiterbildungsnutzen ein enger Zusammenhang besteht. Es konnte festgestellt werden, dass es teilweise auch zu einer hohen Nutzeneinschätzung für bestimmte Ziele kam, auch wenn diese im Vorfeld nicht im Fokus der Teilnehmenden stand. Beicht et al. (2004) stellten deshalb die Ziel- und Nutzbewertungen gegenüber. „Als günstig oder zumindest unproblematisch können dabei die Fälle eingeordnet werden, in denen der Nutzen mindestens ebenso hoch wie die Wichtigkeit der entsprechenden Ziele eingeschätzt wurde.“ (Beicht et al., 2004, S. 7)

Kritisch wurde es vor allem dort, wo Personen ein höheres Einkommen mit der Weiterbildung bezweckten. In diesen Fällen fiel die Nutzeneinschätzung weitaus schlechter aus, was wiederum ein Indikator dafür war, dass Erwartungen nur zum Teil oder nicht durch die Weiterbildung erfüllt wurden. Ebenfalls fanden Beicht et al. (2004) in dieser Erhebung heraus, dass der Nutzen in Bezug auf die Ziele ‚Erlangung der Voraussetzung für eine berufliche Selbstständigkeit‘, ‚mehr Sicherheit vor Arbeitsplatzverlust‘, ‚Verbesserung der Aufstiegschancen‘, ‚bessere Chancen auf eine andere Beschäftigung‘, ‚eine interessantere oder anspruchsvollere Tätigkeit‘, ‚die Anpassung an neue Tätigkeitsanforderungen sowie „einen Überblick über neue berufliche Entwicklungen‘ als eher gering eingeschätzt wurde. Dennoch wurde der Gesamtnutzen durch 57 Prozent der Studienteilnehmenden als sehr groß eingeschätzt. Weitere 28 Prozent der Teilnehmenden bewerteten den Gesamtnutzen zwar eher zurückhaltend, aber dennoch hoch. (Beicht et al., 2004, S. 8)

Neben dem Zusammenhang zwischen Zielsetzung und Nutzeneinschätzung spielen auch andere Zusammenhänge in der Weiterentwicklung von Bildungsangeboten eine Rolle. So hat das Bundesinstitut für Berufsbildung im Jahr 2018 einen Report veröffentlicht, der sich mit dem Aufwand und dem Nutzen für Individuen beschäftigt (Müller & Wenzelmann, 2018).

In der Erhebung wurden über viertausend Personen befragt, die an einer der sechs genannten Fortbildungsformate teilgenommen hatten. Die Weiterbildung wurde wie folgt definiert: Typ A Formale Bildung, Typ B Anerkannte Aufstiegsfortbildung, Typ C Non-formales Lernen, Typ D Arbeitsnahe Qualifizierung, Typ E Tagungen, Kongresse, Fachvorträge und Messen sowie Typ F Selbstorganisiertes Lernen mittels Büchern, Lernsoftware, Internet etc. (Müller & Wenzelmann, 2018) Die Autoren nehmen an, dass bei sehr weiterbildungsaktiven Menschen auch entsprechende Vorteile gegenüber weiterbildungsabstinenten Personen vorhanden sein müssen, nimmt die Weiterbildung doch einen erheblichen Teil der gesamten Lebenszeit in Anspruch. Es wurden Interviewbefragungen hinsichtlich des Nutzens von Personen der Weiterbildungskategorie Typ A, B und C durchgeführt. Die Personen wurden nach individuellen Zielen unabhängig von der Lernaktivität befragt und es wurde erforscht, ob die Lernaktivität sie bei der Zielerreichung unterstützt hat (Müller & Wenzelmann, 2018).

„Tendenziell lässt sich feststellen: Je bedeutsamer das Ziel im Durchschnitt für die Individuen ist, desto größer wird auch der Nutzen formaler Bildungsaktivitäten mit Blick auf dieses Ziel eingeschätzt. An formalen Bildungsangeboten Teilnehmende handeln demnach insofern rational, als sie Aktivitäten auswählen, die ihren Zielen besonders zuträglich sind.“ (Müller & Wenzelmann, 2018, S. 12)

Anders lassen sich die Antworten von Personen des Typs C Non-formales Lernen interpretieren:

„Immerhin rund zwei Drittel der Befragten bejahten, dass solche Weiterbildungen ihre Freude an der Arbeit steigerten und sich sinnstiftend auswirkten. Zur Erreichung der übrigen Ziele trugen sie allerdings in deutlich weniger Fällen bei. Besonders selten gaben die Befragten an, finanzielle Vorteile durch ihre Weiterbildung gehabt zu haben.“ (Müller & Wenzelmann, 2018, S. 12)

Ein Nutzen der bislang noch nicht genannt wurde und vergleichsweise wenig erforscht ist, ist der gesundheitliche und soziale (Iller & Schmidt-Hertha, 2020). Dieser scheint insbesondere bei älteren Weiterbildungsteilnehmenden relevant zu sein. So schreiben Iller und Schmidt-Hertha (2020),

„dass Weiterbildungsbeteiligung im Alter sowohl direkte als auch indirekte Effekte auf mentales, aber auch physisches Wohlbefinden hat. Als wesentliche vermittelnde Variable erwies sich in diesem Kontext die Selbstwirksamkeit, die durch Weiterbildungsaktivitäten gestärkt wird und gleichzeitig ein wesentlicher Prädiktor für die gesundheitsbezogene Lebensqualität und das psychische Wohlbefinden ist.“ (S. 56)

Iller und Schmidt-Hertha (2020, S. 56) verweisen des Weiteren auf Rees (2020), der mittels einer internationalen Studie feststellte, dass ebenfalls eine „Stärkung des individuellen Wohlbefindens“ sowie eine „Reduzierung depressiver Tendenzen im Kontext von Weiterbildungsaktivitäten“ zu verzeichnen ist, wobei dies maßgeblich von der „Länge und der Anzahl besuchter Weiterbildungsaktivitäten“ abhängt.

Auch auf individueller Ebene zeigt sich noch ein weiterer Nutzen abseits der ökonomischen Verwertbarkeit. Iller und Schmidt-Hertha (2020) verweisen hierbei auf Coté und Levine (2002) die Bildungserträge als „individuelle psychische Disposition im Lernenden“ ansehen.

„Dabei wird Identitätsentwicklung als lebenslanger Prozess verstanden, der nicht nur das individuelle Selbstbild anspricht, sondern auch für bildungswissenschaftlich wiederholt als hochrelevant identifizierte Konstrukte wie Selbstwirksamkeitserwartungen, bereichsbezogene Selbstkonzepte u.Ä. relevant wird. Im weitesten Sinne geht es um den Beitrag von Bildungsaktivitäten zur Persönlichkeitsentwicklung der sich auch empirisch nachweisen lässt“ (Coté und Levine 2002; Preston 2004 zitiert in Iller & Schmidt-Hertha, 2020, S. 57)

Wird dieses Zitat mit bereits genannten Motiven, Zielen und Nutzen der Weiterbildung verglichen (Beicht et al., 2004; Raj & Chettiar, 2012; Schmid, 2008), gibt es eine Übereinstimmung mit bereits gewonnenen Erkenntnissen, wonach die persönliche Weiterentwicklung neben anderen immateriellen Zielen an vorderster Stelle steht. Auch in den Ergebnissen dieser Arbeit zeigt sich ein hoher Nutzen durch die Befriedigung immaterieller Bedürfnisse.

WISSENSCHAFTLICHE FRAGESTELLUNG

Das Ziel dieser Masterthesis ist es, zwei Fragen zu beantworten: zum einen, welche Rolle das Lernsetting spielt, und zum anderen, welche Beweggründe Personen haben, am zwölfwöchigen Programm „Working Out Loud“ teilzunehmen. Erwachsene können im Gegensatz zu Kindern selbst über das Ausmaß und die Art ihres Lernens entscheiden, weshalb die dahinterliegende Motivation besonders interessant erscheint (Gorges, 2015, S. 10). Erstere Frage wird vor allem aus der vorhandenen Literatur beantwortet. Die Fragen, die auch durch leitfadengestützte Interviews adressiert werden sollen, lauten wie folgt:

  • Warum nehmen Menschen an dem zwölfwöchigen Programm „Working Out Loud“ teil?
  • Welche Erwartungen haben Menschen an die Teilnahme am zwölfwöchigen „Working Out Loud“-Programm?
  • Welche Erwartungen durch die Teilnahme am 12-Wochen-Programm „Working Out Loud“ wurden erfüllt bzw. nicht erfüllt und welche Gründe gibt es dafür?
  • Welchen Nutzen ziehen die Teilnehmenden aus dem 12-Wochen-Programm „Working Out Loud“?
  • Was nehmen die Teilnehmenden als motivationsförderlich am 12-Wochen-Programm „Working Out Loud“ wahr?

METHODIK

Im Zuge der vorliegenden Arbeit wurden zwölf Personen zu ihrer Teilnahme an dem 12-Wochen-Programm „Working Out Loud“ interviewt. Es wurde eine deduktiv-induktive Vorgehensweise für die Kategorienbildung gewählt. Im Vorfeld wurden entlang der Hauptkategorien ‚explizite Motive‘, ‚Nutzen‘, ‚Erwartung‘ und ‚psychologische Grundbedürfnisse‘ Fragen für den Interviewleitfaden entwickelt. Im Zuge der Auswertung wurde zur weiteren Ausdifferenzierung der Hauptkategorien eine induktive Kategorienbildung am Material gewählt. Als theoretisches Fundament diente sowohl für die Leitfadenentwicklung als die Auswertung die qualitativ strukturierte Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2018).

ERGEBNISSE

Am häufigsten wurden die Motive ‚Neugier, etwas Neues auszuprobieren‘, ‚Netzwerken und Zusammenarbeit‘ sowie die ‚Entwicklung von Fähigkeiten, Werten und Konzepten‘ genannt. In der Hauptkategorie ‚Nutzen‘ wurde eine Ausdifferenzierung der Subkategorien ‚Erleben sozialer Eingebundenheit‘, ‚Kompetenzerleben‘ und ‚Autonomieerleben‘ erreicht werden. Insbesondere die Subkategorien ‚Erleben sozialer Eingebundenheit‘ zeichnet sich durch das Gefühl von ‚Vertrauen‘, ‚Verbindlichkeit‘ sowie ‚Wertschätzung und Wohlwollen‘ aus. Das ‚Kompetenzerleben‘ wurde mit qualitativen Begriffen wie ‚Guidance‘, Kompetenzentwicklung‘ oder ‚Feedback und gegenseitige Unterstützung‘ beschrieben.

SCHLUSSFOLGERUNGEN UND AUSBLICK

Für die Teilnehmenden zeichnet sich „Working Out Loud“ dabei durch einen hohen ‚Autonomiegrad‘, dem starken ‚Erleben sozialer Eingebundenheit‘ sowie dem ‚Kompetenzerleben‘ aus. Diese drei Begriffe entstammen Ryan und Decis (2020) Selbstbestimmungstheorie, welche unter anderem als Ausgangsbasis zur Verortung der gewonnen Erkenntnisse diente. Anders als in bisherigen Untersuchungen haben bei der Teilnahme an dem Programm „Working Out Loud“ Motive wie „Arbeitsplatzsicherheit“ oder „Verdiensterhöhung“ (Beicht et al., 2004, S. 7) keine Bedeutung. Vielmehr entsprang die initiale Teilnahme einer ‚Neugier, etwas Neues auszuprobieren‘ bzw. sich mit anderen Menschen zu ‚vernetzen‘.

Aus diesen Erkenntnissen kann der Schluss gezogen werden, dass mit „Working Out Loud“ sowie mit der Community, die damit einhergeht, ein Rahmen geschaffen wurde, in dem Menschen:

  • sich sozial eingebunden fühlen, was in Form von Verbindlichkeit, Vertrauen sowie Wertschätzung und Wohlwollen ausgedrückt wird.
  • ein hohes Maß an Kompetenzerleben haben, das durch Feedback und durch gegenseitige Unterstützung, durch Kompetenzentwicklung, durch das eigene Dranbleiben am Lernziel, durch das Stärken des Selbstvertrauens sowie durch die Guidance, die für Struktur und konkrete Schritte steht, gefördert wird sowie
  • Autonomie hinsichtlich der inhaltlichen und zeitlichen Intensität des Programms erleben.

Diese Erkenntnisse können als Ausgangspunkt für weitere qualitative Forschungen dienen, die auch Ryan und Deci (2020) als notwendig erachten, um das Bild bedürfnisorientierter Lernumgebungen und deren praktischer Anwendung zu vervollständigen.
Diese Erkenntnisse können als Ausgangspunkt für weitere qualitative Forschungen dienen, die auch Ryan und Deci (2020) als notwendig erachten, um das Bild bedürfnisorientierter Lernumgebungen und deren praktischer Anwendung zu vervollständigen.

ZUSAMMENFASSUNG

In dieser Arbeit wurden Fragen gestellt, warum Menschen am zwölf Wochen-Programm „Working Out Loud“ teilnehmen, welchen Nutzen es für sie hat und ob Erwartungen daran geknüpft waren.

Es stellte sich heraus, dass die Wissenschaft sich bislang nur wenig mit diesem Thema befasst hat und dabei zumeist aus einem wirtschaftlichen berufsbezogenen und auf formale Bildung gerichteten Blick. Es gibt somit einige Studien zu den Faktoren die die Weiterbildungsteilnahme beeinflussen, wie zum Beispiel die Familie (Smith & Spurling, 2001), die individuelle Voraussetzungen, der Arbeitsmarkt oder auch die Bildungsinstitutionen (Boeren et al., 2010).

In der vorliegenden Arbeit sollte das Individuum in den Fokus genommen werden und indirekt sollte eine Antwort darauf gefunden werden, weshalb das Programm „Working Out Loud“ so viele Menschen anspricht. Für die Entwicklung des Forschungsdesigns sowie für die theoretische Kontextualisierung wurden sowohl Motivationstheorien aus der Bildungsforschung als auch Motivtheorien für die Weiterbildungsteilnahme aus anderen Wissenschaftsdisziplinen herangezogen. Die zentralsten motivationstheoretischen Grundlagen stammen dabei aus der Erwartungs-Wert-Theorie nach Wigfield und Eccles (2000) und der Selbstbestimmungstheorie nach Ryan und Deci (2020). Insbesondere die Selbstbestimmungstheorie erwies sich bei der Interpretation und bei der Einordnung der Ergebnisse als hilfreich.

Die Frage nach dem Warum sowie nach dem Nutzen kann folgendermaßen beantwortet werden: Die Ergebnisse zeigen, dass das zwölf Wochen-Programm „Working Out Loud“ und die damit verbundene Community einen Rahmen schaffen, der die Lernerfahrung positiv unterstützt. Der Nutzen der Teilnahme liegt somit unter anderem in der Befriedigung der drei psychologischen Grundbedürfnisse nach Ryan und Deci (2020). Diese drei Bedürfniskategorien konnten mithilfe der Interviews weiter differenziert werden, sodass ein konkretes Bild entstand, was als hilfreich und nützlich erfahren wird. Beispielhaft können hierbei der wertschätzende und wohlwollende Umgang miteinander (Erleben sozialer Eingebundenheit), das Feedback und die gegenseitige Unterstützung (Kompetenzerleben) sowie die individuelle Ausgestaltung hinsichtlich des Inhalts und der Intensität des Programms (Autonomieerleben) genannt werden. Die Teilnahme selbst wird durch die Neugier angeregt, das Programm einmal auszuprobieren, bzw. durch das Bedürfnis, sich mit anderen Personen zu vernetzen. Für drei Personen war auch relevant, eine Methodenkompetenz aufzubauen. Für zukünftige Forschungsvorhaben kann diese Arbeit eine Grundlage bieten, um weiterführende Fragestellungen im Zusammenhang mit Selbstlernprogrammen zu beantworten.

Literaturverzeichnis

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Boeren, E., Holford, J., Nicaise, I. & Baert, H. (2012). Why do adults learn? Developing a motivational typology across 12 European countries. Globalisation, Societies and Education, 10(2), 247–269. https://doi.org/10.1080/14767724.2012.678764 

Deci, E. L. & Ryan, R. M. (1993). Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation und ihre Bedeutung für die Pädagogik. Zeitschrift für Pädagogik, 39(2), 223–238. https://doi.org/10.25656/01:11173 

Gorges, J. (2015). Warum (nicht) an Weiterbildung teilnehmen? Ein erwartungs-wert-theoretischer Blick auf die Motivation erwachsener Lerner. Zeitschrift für Erziehungswissenschaften: ZfE, 18(S1), 9–28. https://doi.org/10.1007/s11618-014-0598-y 

Gorges, J. & Kuper, H. (2015). Editorial – Motivationsforschung im Weiterbildungskontext // Editorial – Motivationsforschung im Weiterbildungskontext. Zeitschrift für Erziehungswissenschaften: ZfE, 18(S1), 1–7. https://doi.org/10.1007/s11618-014-0597-z 

Graf, N., Gramß, D. & Edelkraut, F. (2017). Agiles Lernen : Neue Rollen, Kompetenzen und Methoden im Unternehmenskontext (1. Aufl.). Haufe Lexware Verlag. http://ebookcentral.proquest.com/lib/fh-burgenland/detail.action?docID=4890075  

Jungclaus, J. & Schaper, N. (2021). Agiles Sprintlernen wirkt – aber warum? Theoriegeleitete Analyse der Wirkprinzipien eines Gestaltungsansatzes für arbeitsbezogene Kompetenzentwicklung. Gruppe. Interaktion. Organisation. Zeitschrift für Angewandte Organisationspsychologie (GIO), 52(1), 105–120. https://doi.org/10.1007/s11612-021-00557-x 

Kuckartz, U. (2018). Qualitative Inhaltsanalyse: Methoden, Praxis, Computerunterstützung (4. Aufl.). Grundlagentexte Methoden. Beltz Juventa.  

Kühn, G. (1973). Eigenverantwortung, Motivation, Lernverhalten und Lernleistung – Überlegungen: Zur Frage besonderen Erfordernisse beruflicher Erwachsenenbildung. Zeitschrift für Berufsbildungsforschung, 2(4), 25–28. https://www.bwp-zeitschrift.de/de/bwp.php/de/bwp/show/11046 

Müller, N. & Wenzelmann, F. (2018). Berufliche Weiterbildung: Aufwand und Nutzen für Individuen (Nr. 2). Bonn. Bundesinstitut für Berufsbildung. https://bildungsverband.info/wp-content/uploads/2018/06/bibb-report-2_2018_06062018_online.pdf  

Reinmann-Rothmaier, G. & Mandl, H. (1995). Lernen Erwachsener. Grundlagen der Weiterbildung, 6(4), 193–196. 

Ryan, R. M. & Deci, E. L. (2020). Intrinsic and extrinsic motivation from a self-determination theory perspective: Definitions, theory, practices, and future directions. Contemporary Educational Psychology, 61, 1–11. https://doi.org/10.1016/j.cedpsych.2020.101860 

Schmid, K. (2008). Zum Nutzen der Weiterbildung: Internationaler Literaturreview & individuelle Weiterbildungserträge von TeilnehmerInnen an WIFI-Kursen. IBW-Forschungsbericht: Bd. 144. Institut für Bildungsforschung und Wirtschaft; Inst. für Bildungsforschung der Wirtschaft. https://www.wifi.hu/uploads/ibw_studie_nutzenderweiterbildung.pdf  

Stepper, J. (2020). Working Out Loud: Wie Sie Ihre Selbstwirksamkeit stärken und Ihre Karriere und Ihr Leben nach eigenen Vorstellungen gestalten (1. Aufl.). Verlag Franz Vahlen.  

Warkentin, N. (2019, August 5). Working Out Loud: Tipps für offene Zusammenarbeit [Blogpost]. Abgerufen von https://karrierebibel.de/working-out-loud/

Maris

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